CDU-Plakate unter der Designer Lupe

 

Mittlerweile hängen auch die letzten Laternen voll mit Wahlplakaten. Manche Slogans sind witzig, manche Gesichter unbekannt  - das spezielle Design der Plakate fällt häufig nur Profis auf. Unsere Korrespondentin Franziska Rattei hat sich die Motive zusammen mit dem Designer Christian M. Leon genauer angeschaut.

Bremen ist eine Fahrradstadt, und ich nutze das Fahrrad täglich, um von meiner Wohnung ins Büro oder zu Terminen zu fahren. In den letzten Wochen hat sich das Straßenbild verändert – der Wahlplakate wegen. Meistens habe ich es so eilig, dass ich nur einen flüchtigen Blick darauf werfe, aber Christian M. Leon, Diplom-Designer, bleibt schon mal davor stehen, um die Gestaltung der Plakate unter die Lupe zu nehmen.

„Professionelle Deformation“, könnte man sagen. So wie ich beim Radiohören manchmal den Inhalt kaum mehr wahrnehme, weil meine Ohren nur „schlechter Schnitt!“ oder „zopfige Textpassage!“ registrieren, geht es ihm mit seiner optischen Umgebung. Die politische Botschaft, etwa der CDU-Plakate, nimmt er erst wahr, nachdem er sich über die Aufmachung Gedanken gemacht hat.

“Merkwürdiger Stilbruch”

Die „schwarzen“ Wahlplakate also: Ingesamt hält er sie für „gelungen“, das Foto-Konzept für „sehr durchdacht“. Die Bilder wirken hell und freundlich, findet er, die Farbwahl ist „nicht schlecht gemacht“. Damit meint er die grünen und blauen Details auf den Plakaten – hier ein grüner Kinderpulli, da ein Busch im Hintergrund und auf jedem Bild mindestens eine Person mit blauem Oberteil. „Diese Farben kommen bei den meisten Menschen gut an“, sagt er.

Mit dem Orange dagegen kann er wenig anfangen. „Und dieser Verlauf auf dem Farbbalken – von Orange zu Gelb: was wollen die damit wohl aussagen? Dass sie sich nicht festlegen wollen? Dass sie flexibel sind? Überhaupt: warum diese dicken orangenen Balken?“

Christian M. Leons Meinung nach würden die Bilder auch ohne Text wirken. Außerdem fragt sich der Bremer Designer, warum die Balken abgerundete Ecken haben. „Alle anderen Ecken sind scharfkantig. Das ist doch ein merkwürdiger Stilbruch. Und warum schneidet der Balken immer ein Stück Kopf ab? Verstehe ich nicht.“ Ähnlich undurchsichtig für den Designer: der gewählte Schrifttyp: „Skopex Gothic“ – das sieht er auf den ersten Blick. Seiner Meinung nach steht diese „freundliche Schrift“ in zu starkem Gegensatz zum strengen Aufbau der Plakate.

Muss sich die CDU also etwas anderes einfallen lassen, um die Stimme des jungen Designers aus Bremen zu bekommen? Mit ihren Wahlplakaten überzeugt die Partei den Bremer jedenfalls nur teilweise. – Vielleicht ganz gut, dass es bei der Bundestagswahl nicht allein um Design geht.

Von Franziska Rattei

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