40 Prozent der Amts- und Mandatsträger sollen weiblich sein, fordert ein Antrag der Vereinigung liberaler Frauen zum Parteitag. Doch wer steckt dahinter? Von L. Caspari

Umso wunderlicher liest sich ein Antrag zum FDP-Bundesparteitag, dessen Autoren eine ziemlich weitgreifende  Quote für die liberale Parteipolitik fordern: "Frauen sollen mindestens 40 Prozent der Parteiämter der Freien Demokratischen Partei innehaben", heißt es darin: Wahlen zum Bundesvorstand, zu Landes-, Kreis-, Bezirks- und Ortsvorständen sollen nur dann gültig sein, wenn mindestens 40 Prozent der gewählten Mitglieder des jeweiligen Vorstandes Frauen sind. Eine feste Frauenquote? In der FDP? Undenkbar ist das, jedenfalls für die traditionell sehr männlich geprägte Parteispitze. Gegen eine starre, womöglich gesetzliche Festschreibung des Geschlechtsproporzes wehrt die Partei sich vehement.  Wenn überhaupt, dann sei die FDP für eine "natürliche Quote", sagte FDP-Vize Christian Lindner. "Qualifizierte Frauen" würden bald ganz von selbst in die Führungsetagen der Wirtschaft vordringen. Das gesetzlich festzulegen, sei unnötig. 


Bahnt sich da etwa eine Revolution an bei den Liberalen – fünf Monate vor der Bundestagswahl? Begehren die Frauen gegen die männliche Dominanz in ihrer Partei auf? Wollen sie jetzt satzungsgemäße Frauenquoten bis hin in die nach der liberalen Krise doch recht ausgedünnten Ortsverbände? Auch auf Wahllisten und bei der Delegiertenauswahl für Parteitage soll dem Antrag zufolge die 40-Prozent-Quote eingehalten werden.  
Antragsteller ist laut Antragsbuch: der Bundesvorstand der Bundesvereinigung Liberale Frauen e.V. Dem gehören neben der eher weniger bekannten Vorsitzenden Doris Buchholz, FDP-Granden wie Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Präsidiumsmitglied Birgit Homburger, die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper, sowie die bayerische FDP-Generalsekretärin Miriam Gruß an.      

Immer weniger Frauen bei der FDP

Zur Begründung listet der neunseitige Antrag minutiös und anklagend die leeren Versprechungen und Verfehlungen des liberalen Männerklubs auf. Die FDP hat mit rund 23 Prozent weiblichen Mitgliedern im Vergleich zu den politischen Mitbewerbern den geringsten Anteil an Frauen. "In 12 von 16 Bundesländern ist der Frauenanteil unter den Mitgliedern rückläufig", beklagen die Antragssteller, und alle freiwilligen Selbstverpflichtungen zur Frauenförderung hätten innerparteilich gar nichts genutzt. Zum Beweis werden zwölf (erfolglose) Beschlüsse der FDP-Gremien in den letzten Jahren dokumentiert, der erste datiert von 2003.

Tatsächlich sitzen im engsten Führungskreis der Partei mit Birgit Homburger und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nur zwei Frauen. Zur Bundestagswahl führen stets männliche Kollegen die Listen an. Die Landesverbände Berlin und Mecklenburg-Vorpommern setzten gar keine weibliche Kandidatin auf ihre Liste.

"Eine freiwillige Selbstverpflichtung hat sich nicht als zielführend erwiesen", bemängeln die Autoren des Papiers. "Die Zahlen sprechen für sich!" Es sei höchste Zeit, dass die FDP die Frauenförderung in der Partei zum Thema macht und verbindliche Vorgaben beschließt. "Wir müssen endlich ohne Tabus über das Thema Quote für Frauen diskutieren."

Der freche Antrag sorgte am Vorabend des Parteitages für einige Aufregung beim FDP-Vorstandstreffen. Nicht die Männer waren empört. Nein, auch die vermeintlichen Antragssteller, Angehörige der Vereinigung der Liberalen Frauen, schimpften in der internen Sitzung, dass das Papier nicht ihrer Auffassung entspreche. Es handele sich  vielmehr um einen "Alleingang" der Vorsitzenden der Frauenorganisation, Doris Buchholz.