Die Debatte um eine Frauenquote zeigt Wirkung: Im vergangenen Jahr sind einige Frauen in Aufsichtsräte und Vorstandsposten bei börsennotierten Unternehmen aufgerückt.

Demnach beträgt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 160 wichtigsten börsennotierten Unternehmen 16,2 Prozent, im Jahr zuvor hatte er noch bei 12,8 Prozent gelegen. Auch die Anzahl der Managerinnen auf Vorstandsposten hat zugenommen: Mittlerweile sind 5,9 Prozent dieser Positionen mit Frauen besetzt, im Jahr zuvor waren es 3,4 Prozent und im Jahr davor sogar nur 2,1 Prozent. Rechnet man Aufsichtsräte und Vorstände zusammen, kommt man auf einen Frauenanteil in diesen Spitzenpositionen der Wirtschaft von 11,1 Prozent.Immer mehr Managerinnen schaffen den Sprung an die Spitze: Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten und Vorständen der größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland ist im vergangenen Jahr gestiegen. Das stellt derneueste Women-on-Board-Index (WoB-Index) des Lobbyvereins Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR) und des Bundesfamilienministeriums fest, der am Dienstag veröffentlicht wurde.

Den politischen Appellen nach einem Frauenanteil von 30 Prozent in den Kontrollgremien, wie sie beispielsweise Arbeitsministerin Ursula von der Leyen schon seit Jahren fordert und wie sie von EU-Justizkommissarin Viviane Redingals Gesetzesvorgabe angestrebt wird, kommen diese Zahlen noch nicht nahe. Für den Index wertet FidAR die Besetzung von Vorständen und Aufsichtsräten in den 160 Unternehmen aus, die im Dax, M-Dax, S-Dax und im Tec-Dax gelistet sind.

  • FÜR EINE FRAUENQUOTE
  • GEGEN EINE FRAUENQUOTE
  • Es geht um Chancengleichheit und Gleichberechtigung: Frauen stellen die Hälfte der Bevölkerung und sie sind genauso gut ausgebildet wie Männer.
  • Unternehmen, deren Führungsspitze aus Männern und Frauen besteht, erzielen bessere Ergebnisse.
  • Ein Großteil der Kaufentscheidungen wird von Frauen getroffen. 
  • Durch einen höheren Frauenanteil verbessert sich das Betriebsklima, die von Männern geprägten Spielregeln in Kommunikation und Karriereverhalten ändern sich mit mehr Frauen an der Spitze. 
  • Männer fördern eher Männer – und weil die Führungspositionen überwiegend mit Männern besetzt sind, rücken Frauen bei der Besetzung der Spitzenposten weniger ins Blickfeld. Es handelt sich um ein sich selbst erhaltendes System.
  • Frauen sind aufgrund ihrer geschlechtsspezifischen Sozialisierung oft nicht so stark darin, ihre Stärken und Erfolge zu kommunizieren. Sie machen weniger stark auf sich aufmerksam.
  • Es gibt viele Karrierenetzwerke und Eliteclubs, zu denen nur Männer Zutritt haben. Hier findet informelles Mentoring statt und hier werden die entscheidenden Karrierekontakte gemacht. Weil Frauen keinen oder nur schwer Zugang zu den Männernetzwerken haben, können sie von den Netzwerken kaum profitieren.

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Für viele Unternehmen sind die Zahlen dennoch ein Erfolg auf dem Weg zu individuellen Zielen. Bereits im Herbst 2011 hatten sich die 30 Dax-Konzerne selbst verpflichtet, den Frauenanteil in den Führungspositionen bis 2020 spürbar zu erhöhen. Ganz im Rahmen von Familienministerin Kristina Schröders Flexi-Quote machten sich die Unternehmen eigene Vorgaben, ließen dabei aber die Aufsichtsräte und Vorstandsposten aus. Als Grund nannten insbesondere Industriekonzerne das Fehlen von Frauen auf allen Ebenen. Seit Sommer vergangenen Jahres kann auf der Seite www.flexi-quote.de der Fortschritt der Unternehmen eingesehen werden. Der Anstieg bleibt dennoch unter den Erwartungen der Frauenquoten-Befürworterinnen zurück.

  • FLEXIQUOTE

nennt Familienministerin Schröder ihre Alternative zu einer festen Frauenquote für die Privatwirtschaft. Drei Stufen hat sie vorgesehen: Erst sollen die Rahmenbedingungen für weibliche Chefs besser werden. Stufe zwei sieht freiwillige Selbstverpflichtungen vor. Erst wenn es den Unternehmen bis 2013 nicht gelingt, den Anteil der Frauen in ihren Vorständen und Aufsichtsräten zuverdreifachen, greift der Staat ein. Dann müssen die Unternehmen erklären, welchen Frauenanteil sie in Vorstand und Aufsichtsrat sie erreichen wollen. Der Stichtag könnte in 2018 sein, wenn wieder Aufsichtsräte gewählt werden.

Lobbyistinnen beklagen den minimalen Fortschritt: "Der Zuwachs von Frauen in Führungsetagen erfolgt in homöopathischen Dosen. Knapp ein Viertel der Dax-Unternehmen ist in der Führung noch frauenfrei", sagt Monika Schulz-Strelow, die Präsidentin von FidAR. Sie kämpft weiterhin für politische Maßnahmen. Sie kritisiert auch, dass die Frauen vor allem über die Arbeitnehmerseite in die Aufsichtsräte einziehen, nicht aber über die Anteilseignerseite. "Es ist fatal, dass von politischer Seite der Druck auf die Unternehmen herausgenommen wurde. Anders als bei unseren europäischen Nachbarn sieht man in Deutschland scheinbar keinen Handlungsbedarf. Dies illustriert auch, dass nun die Tochtergesellschaft eines spanischen Konzerns den WoB-Index anführt."