Berufsausbildung attraktiv wie Studium

 



Selcuk A. hat sich gegen sein Maschinenbaustudium und für eine Ausbildung als Mechatroniker bei der Siemens AG in Berlin entscheiden. Die guten Perspektiven und die anspruchsvolle Ausbildung waren der Grund. Zum Beispiel die computergesteuerten Arbeitsprozesse. Selcuk A.: "Wir schreiben die Programme für die Anlagen, überprüfen und reparieren sie, wenn Fehler drin sind". So wie er entscheiden sich immer noch rund 60 Prozent der Jugendlichen für einen Ausbildungsberuf.

 

Fast 20.000 mehr Ausbildungsverträge 2011 abgeschlossen als im Vorjahr

Die dualen Ausbildung hat nichts von ihrer Attraktivität verloren. Im Ausbildungsjahr 2010/2011 schlossen 570.140 junge Menschen einen Ausbildungsvertrag ab.
Das sind 1,8 Prozent mehr als 2010 (absolut 559.960). Erneut gab es mehr unbesetzte Ausbildungsplätze (29.689) als unversorgte Bewerber (11.550). Dies dokumentiert der Berufsbildungsberichts 2012, den das Kabinett unlängst beschlossen hat. 
Den guten Chancen für junge Menschen steht aber zunehmend die Sorge gegenüber, dass Deutschland die Fachkräfte ausgehen. Bis 2030 wird die Altersgruppe junger Menschen zwischen 17 und 25 Jahren um rund ein Fünftel zurückgehen. Daneben hält der Trend zu höheren Schulabschlüssen an. Die Konkurrenz zwischen dualer Ausbildung und Hochschulbildung nimmt zu. Mehr als ein Drittel der Betriebe konnte eine oder mehrere Ausbildungsstellen nicht besetzen.

"Wir müssen alle Potenziale nutzen, um den Fachkräftebedarf zu sichern. Das sind wir auch den jungen Menschen schuldig. Eine gute Ausbildung ist die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit und eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe", sagt Bundesbildungsministerin Annette Schavan.

Schwache Jugendliche fördern

Was für die Jugendlichen erfreulich ist, macht den Betrieben zunehmend Sorgen. In einigen Regionen Deutschlands finden sie kaum noch Auszubildende. "Die immer noch viel zu hohe Zahl an Schulabgängern ohne Abschluss und Schülern mit Defiziten in Lesen, Schreiben und Rechnen kommt erschwerend hinzu", bemängelt der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZdH), Otto Kentzler.

Die Bundesregierung fördert deshalb die Berufsorientierung und Ausbildungsreife lerngefährdeter Schülerinnen und Schüler mit der Initiative "Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss". Potenzialanalysen in der 7. Klasse und das praxisnahe Berufsorientierungsprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sollen Schulabbrüche verhindern. 
Berufseinstiegsbegleiter betreuen die Jugendlichen auf ihrem Weg in die Ausbildung. "Prävention statt Reparatur ist das Ziel der Initiative", erklärt Bundesbildungsministerin Schavan.

Ingenieure und Zusteller fehlen

In vielen Branchen macht sich der Fachkräftemangel deutlich bemerkbar: Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) berichte, dass 110.000 Ingenieurstellen derzeit nicht besetzt werden können. Neben Akademikern fehlen Arbeitnehmer mit praktischer Berufserfahrung. Jedes vierte Unternehmen findet laut Mitgliederumfrage der Bundesvereinigung Logistik nicht mehr genügend Fahrer und Zusteller.

Minister Rösler startet Infotour zur Berufsausbildung

Leistungsträger wie Selcuk A. werden in den Ausbildungsberufen dringend gebraucht. Zum Beispiel im Mittelstand. Die Bundesregierung unterstützt dabei die Wirtschaft. Sie hat im Herbst 2011 die Kampagne "Berufliche Bildung – Praktisch unschlagbar" gestartet.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler gab am 9. Mai 2012 das Startsignal für eine bundesweite Infotour zur beruflichen Bildung. Von Mai bis Oktober fahren drei Infomobile mehr als 30 Orte in Deutschland an. Schülerinnen und Schüler, Erwerbstätige, Unternehmer sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger können sich über die Chancen der beruflichen Aus- und Weiterbildung informieren.

Gute Aufstiegschancen bis zum Studium

Mit dem Wettbewerb "Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen" setzen Bund und Länder ein klares Signal. Sie wollen den Weg von beruflicher in die akademische Bildung durchlässiger machen. Damit werden berufsbegleitende Studiengänge für Qualifizierte ohne Abitur möglich. Außerdem fördert die Bundesregierung die Teilnahme qualifizierter Berufstätiger an Meisterkursen.

Ausländische Berufsabschlüsse werden leichter anerkannt

Am 1. April 2012 ist das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in Kraft getreten. Rund 300.000 der seit Jahren in Deutschland lebenden Menschen erhalten bessere Chancen, in ihrem erlernten Beruf in Deutschland zu arbeiten. Für gut ausgebildete ausländische Fachleute wird es leichter, zur Arbeit nach Deutschland zu kommen. Der Bundestag verabschiedete kürzlich die "Blaue Karte EU" als vereinfachte Arbeitsgenehmigung. Neben einem Hochschulabschluss ist für die Blaue Karte EU ein Arbeitsverhältnis erforderlich, mit dem ein Bruttojahresgehalt von mindestens 44.000 Euro erzielt wird. Hochqualifizierte in festgelegten Mangelberufen bekommen schon ab einem Jahreseinkommen von 34.944 Euro den Aufenthaltstitel. Dazu zählen insbesondere Ingenieure, hoch qualifizierte Fachkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Ärzte.

Blue-Card-Inhaber erhalten nach drei Jahren eine Niederlassungserlaubnis, wenn ihr Arbeitsverhältnis fortbesteht. Wenn deutsche Sprachkenntnisse der Stufe B1 nachgewiesen werden, kann die Niederlassungserlaubnis bereits nach zwei Jahren erteilt werden.

Weiterbildung wird immer wichtiger

Weiterbildung ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und den Wohlstand Deutschlands. Beispielsweise wurden in 2010 knapp 170.000 Menschen durch das Meister-Bafög gefördert. Aber auch für die Arbeitnehmer zahlt sich jedes zusätzliche Jahr in Schule, Ausbildung oder Studium aus: Über das gesamte Erwerbsleben hinweg erhöht sich die Bildungsrendite pro Ausbildungsjahr um fünf Prozent.

Weitere Bundesprogramme im Überblick:

  • "Jobstarter": Das BMBF unterstützt mit JOBSTARTER die Ausbildungsstrukturentwicklung. Beispielsweise ausbildungsunerfahrene oder -müde Betriebe. Bisher konnten rund 56.700 Ausbildungsplätze geschaffen werden. Bis 2013 stehen 125 Millionen Euro zur Verfügung, darunter auch Mittel aus demESF.
  • Auf die Verbesserung der Anschlussfähigkeit ausgerichtet ist das 2009 angelaufene, Bundesprogramm „Jobstarter Connect“, in dessen Rahmen bis 2013 bundeseinheitliche Ausbildungsbausteine erprobt werden.
  • Mit den Programmen "Schulverweigerung – Die 2. Chance" und "Kompetenzagenturen" der Initiative JUGEND STÄRKEN wird an ca. 400 Standorten bundesweit einen wesentlicher Beitrag zur Senkung der Schulabbrecherquote geleistet.

Der gute Ausbildungsmarkt ist auch eine Chance für alle, die in den letzten Jahren keinen Ausbildungsplatz fanden. Die Zahl der Altbewerber ist mit 174.285 weiterhin rückläufig. Auch die Zahl junger Menschen im Übergangssystem hat sich verringert und liegt mit 294.294 erstmals unter 300.000. Beide Gruppen profitieren von der guten Lage am Ausbildungsmarkt. Die Ausbildungsquote junger Ausländer ist leicht angestiegen und war mit 33,5 Prozent in 2010 aber dennoch nur etwa halb so hoch wie die der deutschen Jugendlichen (65,4 Prozent).

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