Selbständige sind oft abhängig beschäftigt

Im Zweifel den Status klären lassen

 

Für Arbeitgeber sind Selbstständige oft billiger als Angestellte: Sie brauchen für sie keine Sozialabgaben zu entrichten. Und so gibt es in vielen Bereichen Scheinselbstständige. Doch der Willkür sind Grenzen gesetzt: Jeder kann bei der Deutschen Rentenversicherung sein Beschäftigungsverhältnis klären lassen. 

Egal ob als Reisebegleiter, Trainer im Fitnessstudio, Zimmermädchen im Hotel, Pfleger im Altenheim oder als Webmaster in der Werbeagentur - immer mehr Branchen versuchen, die Zahlung von Sozialabgaben zu umgehen, indem sie Mitarbeiter als Selbstständige ausgeben. Das sei Betrug, sagt Thomas Meister von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit:

"So stellen wir fest, das Sicherheitsgewerbe wird eher unterwandert, sogar im Reinigungsgewerbe treffen wir immer mehr Leute an, die scheinselbstständig sind, die Tendenzen sind in dem Bereich sicherlich steigend, weil sich da doch die Arbeitgeber versuchen Abgaben zu sparen, aber wenn wir dahinterkommen, dann wird es um so teurer."

Ulrike Augustin, Referentin für Arbeitsrecht bei der IHK München und Oberbayern macht auch eine vage Formulierung im Gesetz dafür verantwortlich. Und dennoch gibt es Kriterien, die eine klare Abgrenzung ermöglichen: 

"Hat jemand versicherungspflichtige Beschäftigte, hat er das Recht andere einzubeziehen für seine Arbeitsleistung oder muss er sie höchst persönlich erbringen, hat er einen eigenen Briefkopf, Visitenkarten oder umgekehrt für eine Selbstständigkeit spricht wenn er seine Preise selbst bestimmen kann, wenn er seine eigenen Arbeitsmittel verwendet."

Für die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung ist zur Abgrenzung vor allem auch die Ortsgebundenheit des Arbeitsplatzes ein wesentliches Augenmerk. Ein Fitnesstrainer beispielsweise, der Hausbesuche macht und zudem einen eigenen Trainingsraum bereit hält, wird als selbstständig eingestuft. Wer in verschiedenen Fitnessstudios arbeitet und deren Räume nutzt, gilt dagegen nicht als selbstständig - und entsprechend können auch Berufe wie Zimmermädchen, Koch oder Reiniger meist nicht selbstständig ausgeübt werden. Ob eine Selbstständigkeit möglich ist oder nicht muss im Einzelfall betrachtet werden, darum rät die Juristin, sich vor Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit genau zu erkundigen. Anlaufstelle dafür ist die Deutsche Rentenversicherung. Ihr Sprecher Sebastian Niederreiter 

"Bei allen Rentenversicherungsträgern sind Auskunfts- und Beratungsstellen eingerichtet, wo sich die gesamte Bevölkerung hinwenden kann und alle ihre Angelegenheiten Fragen beantwortet bekommen. Im Beratungsgespräch erkennt man sehr schnell ob eine Tätigkeit selbstständig sein kann."

Gibt es Zweifel, dann rät die Rentenversicherung zu einem Antrag auf eine Statusbeurteilung. 

Jeder kann sich an die Deutsche Rentenversicherung wenden, um sein Beschäftigungsverhältnis zu klären. Im vergangenen Jahr taten das knapp 22.000 Menschen. Bei fast 40 Prozent stellte die Rentenversicherung fest, dass die Betroffenen abhängig beschäftigt, also scheinselbstständig waren. Eine teure Angelegenheit für die Unternehmen, erklärt Ulrike Augustin, denn:

"Dann muss der Auftraggeber die Sozialversicherungsbeiträge in der Regel nachzahlen und zwar für vier Kalenderjahre, das ist ein langer Zeitraum, da können ganz schöne Summen zusammenkommen."

Unternehmen, die Selbstständige anstatt Arbeitnehmer beschäftigen, versuchen damit, nicht nur ihre Lohnnebenkosten zu drücken, sie umgehen auch die Bindung an Tariflöhne und Kündigungsschutz. Für die Mitarbeiter ist es nur auf den ersten Blick attraktiv, darauf einzugehen: Sie bekommen zwar zunächst mehr Geld, laufen aber Gefahr im Alter und bei Krankheit finanziell nicht abgesichert zu sein.

Wer Scheinselbstständigkeit bei einem Unternehmen melden will, hat bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamtes die Möglichkeit dazu, sagt Thomas Meister

"Mein letzter Fall wo ich persönlich dabei war, war am Oktoberfest, da haben wir das Sicherheitsgewerbe kontrolliert. Da sind noch die Ermittlungen wir haben den Verdacht, dass hier eine Scheinselbstständigkeit im großen Stile vorliegt."


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