Beste Ausbildungschancen für Alle


Charlene Krell und Mathias Schmidt sind nach Ende ihrer Schulzeit immer wieder gescheitert, nicht ohne eigene Schuld, wie Mathias einräumt: "Ich war damals ziemlich naiv, mir war alles egal. Deshalb verließ ich die Schule ohne Abschluss." Der heute 24-Jährige hat viel erlebt, zwei Ausbildungen abgebrochen, Schulabschluss nachgeholt, gejobbt, dann Bundeswehr. Alle Versuche scheiterten, eine geeignete Ausbildungsstelle zu finden.

 
Bei Charlene waren es mehr ihre familiäre Situation und die Betriebe, die ihr deshalb gleich wieder kündigten. Sie bekam früh ein Kind. Wenn es krank war, musste sie oft zu Hause bleiben. Dafür hatte keiner ihrer Ausbildungs- und Beschäftigungsbetriebe Verständnis.
 
Charlene und Mathias gelten nach einer allerdings eher schwammigen Definition als sozial benachteiligt: fehlender Schulabschluss, abgebrochene Ausbildung, Langzeitarbeitslosigkeit, besondere soziale Schwierigkeiten. Die Bundesagentur für Arbeit bemüht sich um diese Menschen besonders, ist aber dabei auf die Hilfe von Unternehmen angewiesen.
 

 

 

 

Betriebe denken um

 
Betriebe können die Berufsberatung bitten, gezielt Jugendliche zu vermitteln, die besondere Probleme hatten, jetzt aber motiviert sind. Die Siemens AG definierte entsprechende Kriterien.
 
"Ich habe leider alle Kriterien erfüllt, um von der Arbeitsagentur vermittelt zu werden", sagt Mathias augenzwinkernd. Im Auswahlverfahren konnte er dann beweisen, dass er die Ausbildung schaffen kann. Jetzt lernt er zusammen mit Charlene und weiteren Jugendlichen in der ganz normalen Ausbildungsgruppe für Elektroniker.
 
Jugendliche mit schlechten Startchancen wie Charlene und Mathias will die Bundesregierung künftig besonders unterstützen. "Wir müssen alle Potenziale nutzen, um den Fachkräftebedarf zu sichern", betonte Bundesbildungsministerin Annette Schavan. "Das sind wir auch den Jugendlichen schuldig. Denn eine gute Ausbildung ist immer noch die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit und eine wesentliche Voraussetzung für ein eigenständiges Leben und Teilhabe an der Gesellschaft",  sagte Schavan anlässlich der Vorstellung des  Berufsbildungsbericht 2011. Die Chancen auf einen Ausbildungsplatz waren selten so gut.
 

Mehr Stellen als Bewerber

 
Im Ausbildungsjahr 2009/2010 gab es wieder mehr Lehrstellen als Ausbildungssuchende. Herausforderung für das Berufsbildungssystem bleibt, dass es weniger Schulabgänger und zu wenig Fachkräfte gibt. Schon im vergangenen Jahr gelang es nicht, alle Ausbildungsstellen zu besetzen.
 
Der Pakt für Ausbildung wird sich deshalb verstärkt um Lernschwache und sozial benachteiligte junge Leute kümmern. In den vergangenen Jahren hatten sie kaum eine Chance auf einen Ausbildungsplatz. Mit dem Programm "Bildungsketten bis zum Ausbildungsschluss" ebnet die Bundesregierung lerngefährdeten Jugendlichen den Weg in eine Ausbildung. Gedacht ist an etwa 60.000 Hauptschülerinnen und Hauptschüler ab Klasse 7. Nach Analyse ihrer Fähigkeiten und Interessen sollen sie von 3.200 Berufseinstiegsbegleitern individuell betreut und in Betriebe vermittelt werden.
 

Weniger Jugendliche im Übergangssystem

 
Laut Berufsbildungsbericht ist die Zahl der jungen Menschen in so genannten Übergangssystemen (Maßnahmen zwischen Schulabschluss und Ausbildungsstart) seit 2005 um 94.000 oder 22,5 Prozent zurückgegangen. Man müsse besonders Jugendliche unterstützen, denen der Einstieg in eine Ausbildung schwer falle. "Unsere Maßnahmen zielen deshalb vor allem auf eine bessere Verzahnung von Schule, Übergangssystem und dualer Ausbildung", erklärte Schavan.
 
Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund stellen inzwischen mehr als ein Viertel der Altersgruppe. In Ballungsräumen der alten Bundesländer kommen sogar mehr als 40 Prozent der Jugendlichen aus Zuwandererfamilien. Bei deutschen Jugendlichen beginnen fast zwei Drittel eines Jahrgangs eine berufliche Ausbildung. Dagegen erhält nur ein knappes Drittel der Jugendlichen ausländischer Herkunft eine qualifizierte Berufsausbildung.
 
"Der Ausbildungsmarkt erlebt jetzt einen Aufschwung" erklärte Schavan. Bereits im ersten Quartal 2011 stehen 48.000 Ausbildungsplätze mehr zu Verfügung als vor einem Jahr. Im Gesamtjahr 2010/2011 sind deshalb rund 620.000 Ausbildungsplätze zu erwarten.

Zahlen zur Ausbildung

Von Anfang Oktober 2009 bis Ende September 2010 wurden 560.073 Ausbildungsverträge neu geschlossen. Das sind 0,8 Prozent weniger als im Vorjahr. In den alten Bundesländern wurden 468.410 Verträge abgeschlossen ( 0,7 Prozent), in den neuen  91.663 (-7,4 Prozent). Am 30. September 2010 waren 12.225 unversorgte Bewerber gemeldet (- 3 424 bzw. -21,8 Prozent).

Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen ist um 2.350 auf 19.605 gestiegen. Die Anzahl von Altbewerbern und jungen Menschen im Übergangssystem ist rückläufig. Zum dritten Mal in Folge gab es damit weniger unversorgte Bewerber als unbesetzte Ausbildungsplätze.

Die Ausbildungsquote junger Migranten war 2009 mit 31,4 Prozent nur halb so hoch wie die der deutschen Jugendlichen (64,3 Prozent). Die Ausbildungsbeteiligung junger ausländischer Frauen fällt mit 29,1 Prozent sehr niedrig aus (deutsche Frauen: 55,5 Prozent).

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