Wie belastet ist unser Essen?

 
"Gesundheitlich unbedenklich" kommentierten Lebensmittelexperten die erhöhten Werte im aktuellen Dioxin-Skandal. Selbst wer täglich ein Dioxin-Ei esse, habe noch keine Gefahren für die Gesundheit zu befürchten. Wichtig sei die Gesamtbelastung mit Umweltgiften. – Was aber kommt eigentlich an schädlichen Stoffen auf unsere Teller?
 
 
 

 

 

 
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist dieser Frage nachgegangen. Die Studie "Lebensmittelbedingte Exposition gegenüber Umweltkontaminanten" untersucht die Schadstoff-Belastung der Nahrungsmittel zwischen 2008 und 2010, die ein Mensch im Durchschnitt isst. Berücksichtigt wurden Dioxine und das dioxinähnliche PCB (polychlorierte Biphenyle), Cadmium, Blei und Quecksilber.
 
Das Hauptergebnis: Die Gesamtbelastung ist unbedenklich. Selbst wenn man über einen langen Zeitraum hinweg Lebensmittel mit erhöhten Werten konsumiert, entsteht kein gesundheitliches Risiko.
 
Andererseits gilt: Je weniger man von den Giften zu sich nimmt, desto besser. Bei Dioxin etwa erhöht jede weitere Dosis die Anlagerung des Stoffes im Körper. Deswegen ist es wichtig, dass die Lebensmittelhersteller die vorgeschriebenen Höchstwerte einhalten.
 
Die zweite wichtige Botschaft: Die Belastungen sind rückläufig. So sind beispielsweise Dioxin-Emissionen in der Luft seit 1990 um über 90 Prozent gesunken.
 

Dioxin

 
Dioxine sind chemische Verbindungen, die infolge von Verunreinigungen in der Umwelt vorhanden sind. Sie entstehen unerwünscht unter anderem als Nebenprodukt bei Industrie- und Verbrennungsprozessen, zum Beispiel beim Verbrennen von Hausmüll. Da das Gift in die Luft gerät, ist es überall in Spuren in der Umwelt vorhanden.
 
Ein Eindringen in die Lebensmittelkette lässt sich deswegen nicht ausschließen. Dioxine werden von Menschen hauptsächlich über tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Eier und Milch sowie die daraus hergestellten Produkte aufgenommen.
 
Als chronische Wirkungen von Dioxinen wurden bei Tierversuchen Störungen der Reproduktionsfunktionen, des Immunsystems, des Nervensystems und des Hormonhaushalts beobachtet. Als empfindlich haben sich Leber und Schilddrüse herausgestellt. Bei einigen Dioxinen besteht die Gefahr, dass sie krebserregend sind.
 

Hauptregel: So wenig wie möglich

 
Die Dioxinbelastung in Lebensmitteln wird in Piktogramm gemessen: Ein Piktogramm ist ein Billionstel Gramm. Wie viel Dioxin ein Mensch pro Tag aufnehmen darf, hängt vom Körpergewicht ab. Die Europäische Union hat einen Richtwert von 14 Piktogramm in der Woche pro Kilogramm Körpergewicht festgelegt.
 
Die Höchstwerte werden nach folgendem Maßstab festgelegt: Eine gewisse Belastung der Lebensmittel ist unvermeidbar und in diesem unvermeidbaren Umfang auch gesundheitlich unschädlich. Die Wissenschaftler nennen das die "Hintergrundbelastung". Alles, was darüber liegt, gilt als vermeidbar – und nicht unbedingt schon als gesundheitsgefährdend.
 
Die "tolerierbare tägliche Aufnahme" orientiert sich nicht daran, was man wirklich am Tag verträgt. Das kann um ein Vielfaches höher sein. Dioxin wird im Körper angelagert. Deswegen sollte vor allem, die Menge, die man im Laufe seines Lebens zu sich nimmt, begrenzt sein. Dafür werden die Grenzwerte besonders niedrig angesetzt, angelehnt an jene unvermeidbare und damit faktische Belastung des Lebensmittels.
 
Das führt dazu, dass die durchschnittliche Aufnahme von Dioxin etwa beim empfohlenen Grenzwert liegt. Die erwähnte Studie des BfR hat ergeben, dass die wöchentliche Dioxinaufnahme von 12,7 bis 16,9 Piktogramm pro Kilogramm Körpergewicht liegt. Damit wird der tolerierbare Wert zu 90 bis 121 Prozent ausgeschöpft beziehungsweise überschritten.
 
Dabei ist zu berücksichtigen: Selbst bei Ausschöpfung oder leichter Überschreitung besteht keine gesundheitliche Gefahr. Verbraucher haben heute mit diesen Werten eine Belastung, die um Zweidrittel niedriger liegt als vor 20 Jahren.
 
Vor 20 Jahren hatten junge Erwachsene noch eine Körperlast von 30 Piktogramm Dioxine je Gramm Körperfett. Selbst bei diesen im Vergleich zu heute hohen Werten konnten bisher keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen nachgewiesen werden.
 
Risiken durch die jüngsten Dioxin-Vorkommnisse

Das BfR hat das gesundheitliche Risiko geprüft:

Selbst im theoretischen Fall, jemand hätte ein Jahr lang Lebensmittel mit den höchsten gemessenen Dioxingehalten verzehrt, stiege dessen Belastung nur mäßig an. Am Ende des Jahres wäre sie nach dem Verzehr von insgesamt 730 Eiern mit dem höchsten gemessenen Dioxingehalt um vier Piktogramm auf insgesamt 14 Piktogramm je Gramm Körperfett gestiegen.
 

Cadmium

 
Cadmium ist ein toxisches Schwermetall, das natürlicherweise in der Umwelt vorhanden ist. Es kommt durch Naturereignisse wie Gesteinsverwitterungen und Vulkanausbrüche in die Umwelt. Der Mensch verbreitet das Metall durch Bergbau, Industrie oder Landwirtschaft. Aufgrund der Anreicherung in Pflanzen und Tieren kommt es in nahezu allen Lebensmitteln vor.
 
Das Gift kann zu gesundheitlichen Schädigungen der Niere, zur Knochendemineralisation sowie zu Lungen-, Blasen- und Brustkrebs beitragen.
Bei durchschnittlichem Essverhalten nehmen wir knapp 1,5 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht zu uns. Das entspricht etwa 58 Prozent des tolerierbaren Wertes. 2,5 Mikrogramm gelten als tolerabel.
 
Überschreitungen der zulässigen Werte wurden in der Untersuchung bei zwei von 189 Proben der Messwerte für Putenfleisch und bei 13 von 105 Spinatproben festgestellt.
 
Obwohl insgesamt keine große Konzentration des Schwermetalls festzustellen ist, nehmen wir das meiste Cadmium durch Gemüse und Getreide zu uns. Denn davon essen wir relativ viel. Mit großem Abstand folgen Getränke und Obst, Nüsse und Kakao.
 

Blei

 
Auch Blei ist ein Schwermetall, das natürlich in der Umwelt vorkommt, aber auch durch menschliches Handeln in die Umwelt gelangt. Eine Bleivergiftung kann das zentrale Nervensystem, das Herz-Kreislauf-Systems und die Nieren schädigen. Besonders empfindlich sind Kinder, denn das kindliche Gehirn befindet sich noch im Wachstums- und Entwicklungsprozess.
 
Die Bleibelastung hat in den letzten dreißig Jahren stark abgenommen. Dabei hat vor allem das Verbot von organischen Bleiverbindungen in Kraftstoffen zur Verminderung beigetragen.
 
Bei fast allen Proben der erwähnten Studie lag der Wert unterhalb der Hälfte des Grenzwertes. Erhöhte Bleiwerte wurden nachgewiesen: in einer von 88 Proben für Reis, zwei von 103 Spinat-Proben und einer von 144 Zwiebelproben.
 
In allen Lebensmittelgruppen und auch allen Bevölkerungsteilen wird der zulässige Höchstgehalt an Blei deutlich unterschritten.
 

Quecksilber

 
Auch das Schwermetall Quecksilber kommt in der Natur vor. Es kann toxische Wirkungen vor allem im Nervensystem, in den Nieren, aber auch in der Leber entfalten. Zum anderen wird Quecksilber durch Bergbau, Industrie sowie Verbrennung fossiler Brennstoffe in die Umwelt getragen. Dort lagert es sich im Boden und im Wasser ab.
 
Zwar wiesen in der Vergangenheit einzelne Lebensmittel wie Hai (38,5 Prozent), Schwertfisch (27,3 Prozent) sowie Reis (16,1 Prozent) Grenzwert-Überschreitungen auf. Im Mittel zeigt sich jedoch, dass die meisten Lebensmittel die Höchstgehalte deutlich unterschreiten.
 
0,49 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht nehmen wir bei einem durchschnittlichen Essverhalten wöchentlich zu uns. Das sind 21 Prozent dessen, was als unbedenklich gilt.

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