" Zusammenhang zwischen religösen Einstellungen und Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen"

 Die Oldenburgische Bürgerstiftung hat erneut Prof. Christian Pfeiffer,
Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN),
als Redner gewinnen können. Am Donnerstag, dem 30. September 2010, berichtet Pfeiffer unter dem Titel „Zusammenhang zwischen religiösen Einstellungen und Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen“ über die kritische Situation von Jugendlichen in unserer Gesellschaft. 
Pfeiffer thematisiert die Rolle der religiösen Erziehung bei der Integration und Gewaltbereitschaft von jungen Migranten. Er stellt neue wissenschaftliche Erkenntnisse vor und zeigt Auswege aus dieser problematischen Situation auf.

Der Vortrag im PFL beginnt um 18.30 Uhr, der Eintritt kostet 4 €,
ermäßigt 2 €. 

 2007/2008 führte das KFN bundesweit eine Befragung von knapp 45.000 von Neunklässlern durch. Die 14 bis16-Jährigen gaben Auskunft über ihre Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, zur persönlichen Religiosität und wie sich die Religion auf ihr Verhalten auswirkt. Im Ergebnis zeigte sich, dass sich eine islamische Religionszugehörigkeit auf die Integration junger Migranten signifikant auswirkt: Während die Gruppe von jungen Migranten ohne Konfessionszugehörigkeit am besten integriert ist, sind junge religiöse Muslime am wenigsten integriert. Dies wird am Beispiel der türkischen Jugendlichen deutlich: je intensiver sie religiös eingebunden sind, desto 

schlechter sind sie integriert. Nur knapp 22 % der türkischen Jugendlichen, die sich als „sehr religiös“ bezeichnen, haben deutsche Freunde, nur 11,5 % besuchen das Gymnasium und nur 14,5 % fühlen sich als Deutsche, obwohl sie in Deutschland geboren sind. Im Gegensatz dazu ist die Gruppe, die sich als „nicht religiös“ bezeichnet, zu 43 % mit deutschen Jugendlichen befreundet, streben zu 22 % das Abitur an und gut 50 % fühlen sich als Deutsche. 
 
Ebenfalls untersucht wurde der Zusammenhang von Religiosität und Jugendkriminalität. 
Für alle Religionen ergibt sich: Je stärker Jugendliche in ihrem Glauben verankert sind, umso seltener begehen sie einen Ladendiebstahl oder haben Alkoholprobleme. Im Hinblick auf das Gewaltverhalten zeigt sich eine gegensätzliche Tendenz: Junge Christen begehen mit steigender Religiosität weniger Gewalttaten. Für junge, männliche Muslime 
geht jedoch die zunehmende Bindung an ihre Religion mit einem Anstieg der Gewalt einher. 
 
Drei Einflussfaktoren können für die Gewaltbereitschaft von jungen Migranten erwogen 
werden: 
 
• die Akzeptanz von Gewalt als legitime Männlichkeitsnorm („Machokultur“), 
• die Anzahl von straffällig gewordenen Freunden 
• und der Konsum von gewaltreichen Medien. 

Während bei den christlichen Jugendlichen die Bedeutung dieser drei Einflussfaktoren mit steigender Religiosität deutlich zurück geht, ergibt sich bei den jungen, männlichen Muslimen ein gegenteiliger Trend: Je stärker sie in ihrem Glauben verankert sind, umso mehr stimmen sie den „Machonormen“ zu und umso häufiger bevorzugen sie gewalthaltige Medien. Außerdem haben ca. 21 % der „sehr religiösen“ jungen Muslime 
„mehr als fünf straffällig gewordene Freunde“. 
 
Zur Interpretation seiner Befunde zog Prof. Pfeiffer eine vom türkischstämmigen Religionswissenschaftler Rauf Ceylan vorgelegte Untersuchung zum Selbstverständnis und zur beruflichen Tätigkeit von türkischen Imamen in Deutschland heran. Die Studie zeigt auf, dass die große Mehrheit der Imame nur für eine begrenzte Zeit in Deutschland 
eingesetzt wird. Schon in Ermangelung deutscher Sprachkenntnisse können sie kaum eine konstruktiv positive Beziehung zur deutschen Kultur entwickeln. Die von diesen Imamen praktizierte religiöse Erziehung der muslimischen Jugendlichen fördert den Rückzug in einen konservativ verstandenen Islam. Die große Mehrheit der Imame vermittelt die Dominanz der Männer in Familie und Gesellschaft als selbstverständlichen 
Lehrinhalt der islamischen Religionserziehung. Dadurch werden jene junge Muslime bestärkt, die eine ausgeprägte Akzeptanz von gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen entwickelt haben und die Vorliebe für gewaltorientierte Medieninhalte wird gefördert. 
 
Näherer Informationen auch zur Oldenburgischen Bürgerstiftung unter
www.oldenburgische-buergerstiftung.de
 

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